Puurehuusgruppe   Info-Bulletin 42

 

 

 

 

LeiKoV das Allerheilmittel für die Aerzteschaft?

 

Die Kassen- und die Aerzteverteter haben seit Monaten an einem Nachfolgevertrag gearbeitet, der nach der Kostenneutralitätsphase 2006 in Kraft treten sollte (LeiKoV = Leistungs und Kostenvereinbarung). Die Aerzteseite ist vor allem davon angetan, dass neben den Kostenfaktoren nun zum ersten mal auch die Leistungsfaktoren bei der Steuerung und Festlegung eines Kostenkorridors berücksichtigt werden sollten. Aus Angst vor den Politikern und dem Preisüberwacher scheint vielen von uns eine freiwillige Abmachung, auch wenn sie de facto ein Globalbudget darstellt, der bessere Weg zu sein.

Inzwischen haben uns die Kassen die Qual der Wahl abgenommen: Sie haben den Vertrag per Ende Jahr gekündigt. Sie haben offensichtlich gemerkt, dass die LeiKoV vielen Aerzten gefällt und glauben daher, zusätzliche Forderungen für einen Nachfolgevertrag stellen zu können, die wir dann so quasi nebenbei auch schlucken würden. Eine brisante Forderung ist, dass in Kantonen mit Tiers garant (TG) von jedem einzelnen Arzt in den Tiers payant (TP) gewechselt werden kann. In Kantonen mit TP soll aber die Möglichkeit des Wechsels zum TG nicht eingeführt werden. Die Forderung ist durchsichtig: Es geht um Medidata und um die Datenhoheit generell. Es ist zu hoffen, dass unsere Vertreter nicht einfach alles schlucken sondern nötigenfalls die Verhandlungen abbrechen.

Kommt es zu keiner Einigung, so muss die Zürcher Regierung ein Festsetzungsverfahren einleiten und anschliessend hat der Preisüberwacher das letzte Wort. Einen vertragslosen Zustand gibt es im neuen KVG nicht mehr.

Ich staune immer wieder, wie viele Kröten wir damals bei der KVG-Abstimmung zu schlucken bereit waren ohne klar zu opponieren! Das soll uns eine Warnung für die Zukunft sein!

 

 

 

Ersatzabgabe bei Datenabstinenz

 

Nach CSS und Helsana hat nun auch die Wincare einen Lockvogel für das direkte Abrechnen über Medidata gestartet. Nachdem die AGZ mit ihrer Klage auf unlauteren Wettbewerb gegen die Helsana vor Bezirksgericht abgewiesen worden ist, standen natürlich Tür und Tor offen für die aggressive Werbung der KK. Offenbar nicht ohne Erfolg, sollen doch schweizweit 1600 Aerzte über Medidata abrechnen, Tendenz steigend.

 

Dass diese Tatsache nicht in unserem Interesse liegen kann dürfte jedem klar sein. Offenbar foutieren sich aber etliche Aerzte um die Kollegialität und suchen ihren kurzfristigen Vorteil bei Medidata und TP. Sie ignorieren dabei, dass nur die Daten der Trustcenter uns in der Kostennneutralitätsphase vor massivem Ungemach bewahren konnten.

 

Die Delegiertenversammlung der AGZ hat daher am 7.11.05 einstimmig bei einer Enthaltung beschlossen, eine Ersatzabgabe für diejenigen einzuführen, die nicht bei einem Trustcenter mitmachen. Ueber die genaue Art und Höhe der Abgabe wird an der DV vom 6.1.06 entschieden.

 

 

 

Der Arzt, ein Auslaufmodell?

 

Haben Sie auch schon das Gefühl gehabt, dass sie eigentlich nicht mehr Arzt, sondern vielmehr Finanzmanager, Kassenverwalter, Befehlsempfänger, Buhmann oder ähnliches sind? Sie sind mit Ihren Gefühlen nicht allein. Das Problem ist derart gravierend, dass die AGZ am Mittwoch 16.11.05 von 18h bis 21h15 in der Universität Irchel eine Fortbildung mit dem Titel: "Hat der Arzt ausgedient? - Ein Beruf zwischen Erwartungen und Wirklichkeit" durchführt. Details entnehmen Sie der Beilage, ein Besuch dürfte sich lohnen, ausserdem müssen wir bei diesem brisanten Thema Position markieren und den Hörsaal füllen!

 

 

 

Medikamentenkosten 2004

 

Es ist wie immer, aber keiner schaut hin. Vielleicht hängen auch Sie das Attachment an prominenter Stelle in der Praxis auf. Steter Tropfen höhlt den Stein...

 

 

 

 

Hilfe, wir ersticken im Dschungel der Qualität!

 

Bekanntlich treibt die Praxis-Qualititis wildeste Blüten, davon kann jeder, der schon die Heilmittelkontrolle im Haus gehabt hat ein Lied singen. Ein nicht genannt sein wollender Puurehuusleser hat via Aerztegesellschaft folgende Fragen an die kantonale Heilmittelkontrolle gestellt. Die ausführliche hochwissenschaftliche Antwort von Herrn Cáp, ehemals Mitarbeiter im Bundesamt für Messwesen, finden sie unter Praxisinspektionen.pdf. Sie ist untermauert von 5 Kopien aus einem dicken Buch...

 

Der Betroffene fragt:

 

1. ob fehlende geeichte Thermometer bei korrekter Kuhlschranktemperatur beanstandet werden können (ein Auto muss auch keinen staatlich geeichten Tachometer haben, darf aber trotzdem nicht zu schnell fahren).

 

2. ob Verfalldaten an Labormaterial, das ja in den Ringversuchen getestet wird, kontrolliert werden darf oder ob die Verfalldaten einfach entfernt werden können. (dieser Punkt hat ja eigentlich gar nichts mit "Inspektionen in Privatapotheken" zu tun. Zudem wurde aus Ringversuchen klar, dass Reflostäbchen auch 3 Jahre nach Ablauf des Verfalldatums beste Resultate liefern).

 

3. ob Verfalldaten an Verbrauchsmaterialien, die nicht an Patienten appliziert werden geprüft werden dürfen. (zB: Benzin, NaCl für Mikroskop, Fixationsspray, Putzmittel ect.)

 

4. ob Verbrauchsmaterialien die nicht steril sein müssen und von Auge zu beurteilen sind geprüft werden dürfen (zB: Heftpflaster, Schienen, Gips ect)

 

Die Schwachstelle an den Kontrollen ist für mich klar ersichtlich und sollte wirklich möglichst schnell behoben werden: Ein nicht abgelaufenes Hände­desinfektions­mittel sagt noch nichts darüber aus, ob es auch konsequent angewendet wird. Eine Teilnahme an Fortbildungen nichts darüber ob der Arzt nicht schläft. Wir müssen daher einen persönlichen Kontrolleur zur Seite gestellt bekommen, der gleichsam unserem eigenen Schatten die Qualität hinter all unserem Tun überwacht. Selbstverständlich müssen wir diesen bezahlen, denn wir sind es ja, die die Qualität nicht ernst nehmen. Aus diesem Grund bewundere ich die Pharmafirma, die mit konsequent hohem Qualitätsbewusstsein auf Patientenbroschüren Verfalldaten anbrachte...

 

Aktuell ist es so, dass die Kontrolleure nur dann für ihre "Bemühungen" Rechnung stellen können, wenn sie etwas zu beanstanden haben, ist es für mich völlig klar, dass sie daher immer etwas finden werden. Auf diesem Hintergrund kann man sich Mühe geben oder auch nicht, das Resultat wird für uns immer das gleiche sein: Wir dürfen bezahlen und werden hören wie schlecht es um unsere Qualität bestellt ist, weshalb die Kontrollen weiterzuführen sind. So rechtfertigen die Kontrolleure ihre Tätigkeit gleich selber und wir haben keine Chance, dass diese sinnlose Schikane je wieder aufhört. Super!

 

 

 

Wir "betrügen" weniger als viele Versicherungen meinen!

 

Haben Sie in letzter Zeit auch immer wieder völlig verfehlte Anfragen von Versicherungen erhalten? Ich möchte ihnen die "Spitze meines Eisberges" nicht vorenthalten! (Anfrage Versicherung.pdf)

Ich verstehe vor allem nicht, weshalb die Anfragen immer mit Kopie an die Patienten oder die Angehörigen erfolgen. Wir haben in diesen Fällen gar keine andere Wahl, als schriftlich zu reagieren. Entsprechend peinlich für die KK ist es dann, wenn sich ihr vermeintlicher Blattschuss als Bumerang erweist.

 

Ich halte mich bei Versicherungsanfragen immer an folgende Punkte:

1.  Die Anfrage wird immer dem Vertrauensarzt in seine Praxis gesandt (nie an den "vertrauensärztlichen Dienst", schon gar nicht an den Sachbearbeiter). Damit ist der Vertrauensarzt über die Art und Qualität der Anfragen informiert, die von seiner Versicherung ausgelöst werden. Zudem habe ich keine Probleme mit dem Arztgeheimnis.

2.  Der Verteiler umfasst mindestens den Verteiler auf der Anfrage. In speziellen Fällen kann er auch noch wesentlich erweitert werden (AGZ, FMH, BAG ect; in diesem Fall aber anonymisiert)

3.  Es erfolgt eine Rechnungsstellung für die Beantwortung nach gültigem Tarif (Tarmed oder Privattarif je nach Fall). Wird der Betrag nicht bezahlt, so teile ich der Versicherung bei einer nächsten Anfrage mit, dass ich erst dann die neue Anfrage bearbeiten werde, wenn die alte bezahlt ist...

4.  Ich informiere die Patienten rasch und ausgiebig über die Situation und meinen Standpunkt, eventuell zusätzlich zur Kopie des Briefwechsels.

 

 

 

Redaktion der 42. Ausgabe

 

Dr. med. Andreas Girr

Allgemeine Medizin FMH

Waldstr. 18

8132 Egg (ZH)

 

Tel: 01/984 01 11

Fax: 01/984 27 51

 

Email:andreas.girr@hin.ch

 

 

 

Puurehusgruppe:        Otto Frei, Andreas Girr, Martin Jost, Martin Schneider, Josef Widler

Informationen:              Urs Stoffel, Jürg Schwegler, Walter Grete

                                      Claudia Brenn, Werner Schneiter

 

 

 

 

Motto des Tages:

 

 

Wer sich nicht wehrt

lebt verkehrt!