Aktionsgruppe www.puure-huus.ch Bulletin Nr. 57


 

 

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen in der ganzen Schweiz,

 

Da die Zürcher Abstimmung über die Selbstdispensation sicher über unseren Kanton hinaus auf Interesse stösst und die verordnete Aufsplittung unserer Rechnungen in eine OKP und einen VVG Rechnung in der ganzen Schweiz ab 1.1.09 eingeführt wird, haben wir beschlossen, dieses Bulletin schweizweit zu versenden.

 

Wir haben es in Zürich wieder geschafft! 2001 und 2003 konnten wir verhindern, dass die direkte Medikamentenabgabe eingeschränkt wird, nun hat der Souverän unsere Initiative "JA zur Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug" angenommen. Das bedeutet, dass im ganzen Kanton die ärztliche Medikamentenabgabe eingeführt wird (diese war bisher in den Städten Zürich und Winterthur verboten). Die Aerzteschaft zeigt damit, dass sie in der Lage ist, in gesundheitspolitischen Fragen ihre Meinung mehrheitsfähig zu vertreten. Wir hoffen, dass das Signal auch bis ins Bundeshaus dringt, wo Entscheide zum Praxislabor und zum Zulassungsstopp unmittelbar bevorstehen.

 

Dank der umsichtigen Führung der Kampagne durch Sepp Widler im Abstimmungskampf haben wir unsere Würde wahren können und uns nicht auf die Stufe "Schlammschlacht" unserer Gegner herabgelassen. Oder sportlich ausgedrückt: Die Mannschaft, die fair gespielt und nicht gefoult hat, hat gewonnen!

 

Mit Einsatz und Phantasie haben sich viele Landärzte für ihre Kollegen aus den Städten eingesetzt. Wir Landärzte hoffen, dass die Kollegen aus Zürich und Winterthur spüren, wie die direkte Medikamentenabgabe den Praxisalltag bereichert. Wir sind sicher, dass sie bei den Patienten bald eine grosse Akzeptanz erreichen wird.

 

Obwohl wir mit Regierungsrat Thomas Heiniger einen ärztefreundlichen Magistraten als Vorsteher der Gesundheitsdirektion haben, soll es nun noch ein geschlagenes Jahr dauern, bis die DMA in Zürich und Winterthur eingeführt wird. Weshalb dauert die Umsetzung von ärztefreundlichen Entscheiden immer so lange? Aerztefeindliche Entscheide jedenfalls werden immer viel schneller umgesetzt…

 

 

 

Nachlese zur Abstimmung vom 30.11.08

 

Rangliste der Gemeinden:

1. Gossau (mit Apotheke!)           72.30 % JA

2. Höri                                             71.62 % JA

3. Wetzikon                                     69.79 % JA

4. Dürnten                                       69.66 % JA

5. Bachenbülach                            69.45 % JA

6. Rüti                                              69.17 % JA

 

Rangliste der Bezirke:

1. Hinwil                                          67.36 % JA

2. Bülach                                         63.24 % JA

3. Dietikon                                      62.00 % JA

4. Dielsdorf                                     61.34 % JA

5. Uster                                           61.11 % JA

 

Total                                               53.72 % JA

 

Die AGZ hat anlässlich der Siegesfeier einen neuen Preis vorgestellt für besondere Verdienste: Die goldene, silberne und bronzene Bratwurst. Die Aerzte der Gemeinden Gossau, Höri und Wetzikon erhalten diesmal diesen Preis und werden zu einem Bratwurstessen eingeladen.

 

 

 

 

(Doppelklick auf die Grafik eröffnet die Liste der Detailresultate)

 

 

 

Dank an alle Helfer

 

 

 

 

 

Der Sieg ist nur aufgrund der aktiven Mitarbeit aller Kollegen an der Basis möglich geworden. Wir sind als Aerzte auf die Patienten zugegangen und haben selber auf der Strasse Aepfel verteilt. Anders als die Apotheker, die ihre Gehilfinnen zum Teil durch den ganzen Kanton geschickt haben um Nastüchli zu verteilen. Das Resultat zeigt auch, dass der Einsatz eines Werbebüros in Winterthur durch die Winterthurer Aerzte keinen Erfolg gezeitigt hat. Man kann die Aufklärung der Bevölkerung vor einer Abstimmung eben nicht delegieren, diese ist und bleibt Chefsache!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

An mehreren Orten waren unsere gut platzierten Plakate den Gegnern derart ein Dorn im Auge, dass sie beschädigt oder entwendet wurden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Viele Patienten haben uns bei der Abstimmung unterstützt. Sei es durch Leserbriefe oder durch die Erlaubnis, Plakate auf ihrem Grund und Boden aufzustellen. Wir müssen uns unbedingt mit einem Präsent (Pralinen, Wein, ect) bei Ihnen bedanken, wir brauchen ihre Hilfe bestimmt wieder!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nein bleibt Nein – Diener bleibt Diener – und wo bleibt ER?

 

NEIN – wir lassen uns den Sieg nicht durch Aerzte vergrämen, die sich offenbar den Apothekern näher fühlen als den eigenen Kollegen. Wir dürfen uns aber sicher an ihre Haltung erinnern, wenn sie sich bei Problemen plötzlich wieder an die Aerzteschaft wenden.

 

Selbstverständlich darf jeder seine eigene Meinung haben. Allerdings sollte man sich, bevor man diese Meinung öffentlich vertritt, überlegen, ob man nicht gerade jenen Schaden zufügt, auf deren Zusammenarbeit und Unterstützung man angewiesen ist.

 

Ein JA wird keinem einzigen Arzt Schaden zufügen, ein NEIN hätte dies durchaus tun können. Diese einfache Ueberlegung hätte NEIN-Kollegen zum Schweigen verpflichten müssen.

 

 

 

 

Frau Diener, GLP bestätigt durch die offene Parteinahme für die Apotheker nur das, was wir schon lange erahnt haben. Während Ihrer Zeit als Regierungsrätin ging es ihr bei der Medikamentenabgabe nie um Objektivität und auch nicht um den Volkswillen. Sie unterstützt vorbehaltlos und nun schon zum dritten Male auf verlorenem Posten die Apotheker.

 

Korrekterweise hätte sie als Regierungsrätin wohl wegen Befangenheit das Dossier Medikamentenabgabe jemand anderem übergeben müssen. Doch Frau Diener unterstützt während ihrer Amtszeit die Apotheker indirekt, indem sie unter dem Druck von zwei verlorenen Abstimmungen eine Verordnung erlässt, von der sie genau wissen musste, dass diese rechtlich nicht haltbar ist.

 

Angesichts dessen dass die Mitte- und Rechts-Parteien für ein JA eingetreten sind, frage ich mich, ob Frau Diener mit ihrem NEIN wirklich eine liberale Haltung vertritt. Grün scheint mir ihr Gedankengut auch nicht gerade zu sein, womit sich definitiv die Frage nach der politischen Heimat von Frau Diener und der von ihr mitgegründeten GLP stellt…

 

Ich wundere mich liebe Kolleginnen und Kollegen vor allem über diejenigen unter uns, die eine Politikerin bei Wahlen unterstützen können, die unsere Anliegen derart mit Füssen tritt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Und nun zur ganz grossen Ent-Täuschung: Kollege Gutzwiller, FDP wurde mit unserer Unterstützung und finanzieller Hilfe in den Ständerat gewählt. Auf Anfrage, ob er uns für Testimonial-Inserate zur Verfügung stehen würde, hat er dies mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt, obwohl seine Mutterpartei die JA-Parole beschlossen hat.

 

Für mich steht ausser Zweifel, dass Hr. Ständerat Gutzwiller bei den nächsten Wahlen keine Unterstützung der Aerzteschaft mehr erhalten wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schon wieder eine Zumutung aus Bern: Rechnungssplittung in OKP und VVG

 

Kaum haben wir nach der Abstimmung tief durchgeatmet, flattert uns mit einem Bundesratsbeschluss, der zwar im Amtsblatt publiziert, aber durch niemanden zur Kenntnis genommen worden ist das nächste Ei ins Haus. Aus Datenschutzgründen (!!!) müssen wir ab dem 1.1.09 die Rechnungen vollständig splitten in einen Teil, der die Grundversicherungsleitungen nach OKP enthält und in einen, der die Zusatzleistungen nach VVG beinhaltet.

 

Im Klartext: Bei einer Grippebehandlung kommt die Arztleistung auf eine Rechnung und der Nasenspray sowie der Hustensirup auf eine andere. Wir dürfen zwar die Kosten für den Nasenspray und den Hustensirup bar einfordern, per Kreditkarte abrechnen oder eine zweite Rechnung machen. Auf jeden Fall steigt für uns der administrative Aufwand erneut an. Entweder wir kaufen eine Registrierkasse, einen Kreditkartenleser oder drucken noch mehr Papier, aber sicher brauchen wir einige Stellenprozent einer Assistentin um diesen neuerlichen Papiertieger zu befriedigen. Ob allenfalls für die Zusatzrechnung der Nichtpflichtleistungen und der VVG Leistungen eine Gebühr verrechnet werden kann ist nach BAG noch offen. Mit Abgeltungen von Administrativaufwendungen haben wir aber schon gewisse Erfahrungen, wie ist das doch mit den elektronisch übermittelten Rechnungen an die Versicherungen und deren Entschädigung?

 

Stellen Sie sich zudem das Chaos bei den Versicherten vor: Sie bekommen nun praktisch zu jeder Behandlung zwei Rechnungen, von denen die eine an die Grundversicherung, die andere an die Zusatzversicherung gesendet respektive selber bezahlt werden soll. Ich bin sicher, dass wir ungläubiges Staunen ernten werden und der Aufklärungsaufwand für diesen Leerlauf auch gleich noch übernehmen dürfen.

 

Ich rufe unsere Vertreter in der FMH, der AGZ und den Fachgesellschaften auf, sich endlich konsequent gegen solche sinnlose neue Regelungen zur Wehr zu setzten. Anstatt brav jeden Paragrafen wortgetreu umzusetzten, wäre hier wohl eher ein Bleistiftstreik angesagt.

Als weiteres Damoklesschwert hängt die MWSt-Revision über uns. Sie würde einen riesigen sinnlosen administrativen Aufwand bedeuten und nichts Positives bringen. Wollen wir auch hier brav schlucken und schweigen?!

 

-          Wir akzeptieren keine Verordnungen mehr, die nicht vorher auf KMU-Tauglichkeit geprüft worden sind.

-          Wir akzeptieren keine Verordnungen mehr, die nicht den betroffenen Gesellschaften mindestens 6 Monate im voraus mitgeteilt worden sind.

-          Wir akzeptieren keine Verordnungen mehr, die am 1. Januar in Kraft treten und keine Uebergangsfrist haben. Oder haben sie schon einmal einen Mietvertrag gesehen, der auf den 31. Dezember gekündigt werden kann?!

-          Wir akzeptieren keine Verordnungen mehr, die einen auch noch so kleinen Mehraufwand für die Praxis bedeuten, ohne dass wir dafür entschädigt werden.

-          Wir akzeptieren keine Verordnungen mehr, die nur für wenige Patienten von Belang sind. Oder haben Sie jemals einen Patienten gehabt, der von Ihnen gesplittete Rechnungen verlangt hat?!

 

Mir scheint, dass das Grollen an der Basis über zusätzlichen administrativen Aufwand bei unseren Vertretern zu wenig Gehör findet. Dabei sind es genau diese Kleinigkeiten, die das Fass zum Ueberlaufen bringen. Und es ist die Tatenlosigkeit unserer Vertreter in diesen Belangen, die vielen Kollegen den Eindruck vermittelt Einzelkämpfer zu sein!

 

 

 

Stühlerücken im Apothekerverband

 

Nach der dritten verlorenen Abstimmung nimmt Valeria Dora als Chefin des Apothekerverbandes Zürich den Hut. Auf sie folgt der CVP-Kantonsrat Lorenz Schmid. Seine Stossrichtung ist klar: Die Apotheken sollen impfen können und selber Rezepte ausstellen dürfen. Nichts ist mehr zu hören vom vielbesungenen "Vieraugeprinzip", oder der Forderung "Wer verschreibt, gibt nicht ab". Offensichtlich versuchen die Apotheker nicht nur im Abstimmungskampf die Bevölkerung für dumm zu verkaufen.

 

Realistisch gesehen wird der Einfluss der Apothekerschaft durch die Zunahme der anonymen Apothekenketten abnehmen. Durch diese verschwindet auch die persönliche Vertrauensbasis zum Quartierapotheker, weshalb eine tragfähige Kundenbeziehung in der Apotheke immer weniger aufgebaut werden kann und die Apotheker kaum als ernstzunehmende Konkurrenten in unserem Gesundheitssystem auftreten können.

 

Eine rechtliche Möglichkeit der Apotheker bestünde noch im Lancieren einer  eidgenössischen Initiative zur gesamtschweizerischen Abschaffung der SD. Einer solchen Initiative wären aber kaum Chancen beschieden. In der Schweiz kennen 14 Kantone (inkl. Zürich gerechnet) die volle SD, 3 Kantone ein Mischsystem und 9 Kantone die reine Rezeptur. Eine solche Initiative würde daher höchst wahrscheinlich schon am Ständemehr scheitern. Ganz abgesehen davon ist in der Schweiz das Gesundheitswesen kantonal geregelt und es gibt keinen Grund ausgerechnet bei der Medikamentenabgabe von diesem System abzuweichen.

 

 

 

Redaktion der 57. Ausgabe

 

 

Dr. med. Andreas Girr

Allgemeine Medizin FMH

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Puure-Huus Gruppe: Sven Besek, Otto Frei, Andreas Girr, Martin Jost, Martin Schneider, Josef Widler

 

 

 

 

 

Motto des Tages:

 

Alle Schätze dieser Erde wiegen nicht einen guten Freund auf.

Voltaire