Aktionsgruppe www.puure-huus.ch Bulletin
Nr. 63
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Managed Care tangiert eine der wichtigsten Forderungen der
Patienten und der Aerzteschaft: Die freie Arztwahl.
Unter dem Halleluja für Managed Care
wird ganz leise die freie Aerztwahl geopfert. Diese
wird nur noch Patienten offen stehen, die zusätzlich dafür bezahlen. Wollen wir
die freie Arztwahl Preis geben, ohne vorher in einer Abstimmung das Volk über
diese grundlegende Aenderung befragt zu haben?
Es ist eine
Illusion zu glauben, es liessen sich längerfristig zwei
verschiedene obligatorische und subventionierte
Krankenversicherungen aufrecht erhalten. Dies liegt auch nicht im Interesse der
praktizierenden Aerzte. Eine schlanke obligatorische
Krankenversicherung und eine private Zusatzversicherung auch im ambulanten
Bereich wäre die ehrlichere Antwort auf die Probleme der Zeit. Aber hierzu
fehlt den Politikern der Mut.
Der Verein für freie Arztwahl wurde gegründet, um die Ärzteschaft,
interessierte Kreise und die Öffentlichkeit auf die unheilvollen Entwicklungen
in der aktuellen KVG-Revision aufmerksam zu machen.
http://www.verein-freie-arztwahl.ch/index.html (Mitgliedschaft
möglich)
Noch
einen Schritt weiter geht PULSUS. Diese Vereinigung von
5'000 Praktikern ergreift das Referendum gegen die
Teilrevision «managed care» des KVG, wie sie
der Nationalrat am 16. Juni 2010 beschlossen hat. "Die jetzige Reform des
KVG missachtet den Volkswillen. Die Schweizer Bevölkerung hat sich klar und
deutlich gegen die Abschaffung der freien Arztwahl ausgesprochen. PULSUS ist
nicht gegen managed care.
Ärztenetzwerke haben ihre Berechtigung. PULSUS wehrt sich jedoch dagegen, dass
Patientinnen und Patienten gezwungen werden sollen, einem Netzwerk beizutreten
– unter gleichzeitigem Verlust der freien Arztwahl."
http://www.referendum-managedcare.ch/home.html
(Mitgliedschaft möglich)
"Am
30.November 2010 wird unser Verein gegründet. Wir verstehen uns als Verein der
unzufriedenen Grundversorger. Wir sind unzufrieden mit der kranken
Gesundheitspolitik, welche die hochqualifizierte Grundversorgung in unserem
Land gefährdet. Der Hausarztberuf stirbt aus oder kann sich in der bisherigen
Qualität nicht mehr halten, wenn die Arbeitsbedingungen des Hausarztes nicht
drastisch verbessert werden. Diese Verbesserungen müssen wir so schnell
wie möglich herbeiführen. Politiker, Krankenkassen und unsere Standesvertreter
sind nicht in der Lage, eine Lösung, einen Ausweg aus der inzwischen
unhaltbaren, unbefriedigenden Situation zu finden."
Kollege Lukas Guidon,
Internist in Winterthur ist der Kragen geplatzt. Zwar war der Aufruf zur
Kündigung des Vertrages mit den KK ein etwas unbedachter Schnellschuss, aber
anders als die meisten Kollegen macht er nicht nur die Faust im Sack, sondern
versucht weiterhin etwas zu bewegen. Ob ihm das gelingt hängt wesentlich davon
ab, wie viel Unterstützung er von uns erhält. Seine Arbeit könnte durchaus zu
mehr Publizität und zu einigen Wellen in der Gesundheitspolitik führen. Auf
jeden Fall ist er nicht an eine politische Raison gebunden und kann so Dinge
beim Namen nennen, die unsere Standespolitiker lieber
beschweigen.
Die
Gründungsversammlung findet am Dienstag, 30.11.2010 um 20 Uhr im
Kirchgemeindehaus Veltheim, Feldstrasse 6, 8400
Winterthur statt. Die Mitgliedschaft kann vor Ort erworben werden. Ich bin
gespannt, wie viele Kollegen sich zu Ihrer Unzufriedenheit bekennen.
http://www.freiberufliche-medizinische-grundversorger.ch/
(Mitgliedschaft möglich)
An der
Basis brodelts, das weiss jeder Praktiker aus eigener
Erfahrung. Zunehmend entstehen Strukturen, die im Sinne von Selbsthilfegruppen
agieren. Es stellt sich die Frage, wie lange sich unsere Verbandspitzen noch um
den Unmut an der Basis foutieren und ihr eigenes
Süppchen kochen können, anstatt die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten!
Ein
Jahr vor der geplanten Einführung von DRG sind offenbar noch sehr viele Fragen
offen. Viele Aerzte haben den Eindruck, dass die
Politiker Hals über Kopf ein bewährtes System durch eine zu wenig durchdachte
Neulösung ersetzen wollen. Solche Hau-Ruck-Uebungen
haben wir in den letzten Jahren in der Gesundheitspolitik immer wieder erlebt,
meist blieben unerkannte Nebenwirkungen nicht aus…
Unsere
Vertreter in der FMH zeichnen uns in den schönsten Farben ein Bild, wie gut das
neue System sein wird. Allerdings sind noch nicht einmal die grundlegendsten
Hausaufgaben gemacht: Ab 1.1.11 müsste die Begleitforschung zu DRG zu laufen
beginnen, im BAG bestehen aber keinerlei konkrete Ideen, wie dies gemacht
werden könnte. Als Notfallmassnahme haben wir selber die RFE http://www.reasonforencounter.ch/ eingeführt, damit wir
wenigstens die absehbare Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich
belegen können.
Wen
wundert es da, dass die Aerzte-Basis immer lauter
nach einer Denkpause ruft? Mit Dr. med. Ch. Hess, Medizinischer Chefarzt am
Spital Affoltern hat die AGZ letzte Woche den Mitorganisator der
Moratoriumsforderung in den Vorstand gewählt. Er ist der Meinung, dass ¾ der Aerzte DRG ablehnen und dass das DRG freundliche Vorgehen
der FMH eine Urabstimmung nicht überleben würde. http://www.drg-moratorium.ch/de/
(Mitgliedschaft möglich)
Es
tönt wie ein schlechter Witz: Vor zwei Jahren haben wir im Kanton Zürich zum
dritten Mal die Abstimmung gewonnen, wonach die Aerzte
in Zürich und Winterthur selber Medikamente abgeben dürfen. Aktuell sind nach
juristischen Irrläufen immer noch zwei Rekurse beim Bundesgericht hängig und
niemand weiss wie lange es noch dauern wird, bis der Volkswille endlich
umgesetzt werden kann.
Der
eine Rekurs stammt von einem Jus-Studenten, der wahrscheinlich gerade seine
Praktikumsarbeit absolviert…
Es
wäre dringend nötig, dass die bestandenen Juristen einerseits das Verfahren
beschleunigen und andererseits in der eigenen Gilde für Ordnung sorgen. Es kann
wohl nicht sein, dass ein 22 Jähriger eine Volksabstimmung ad absurdum führt!
Für uns ist dieser jämmerliche Kindergarten allerdings auch lehrreich: Bei
Abstimmungsresultaten, die uns nicht passen, werden wir in Zukunft die gleichen
Mittel anwenden. Die Juristokratie lässt grüssen…
Im
Moment sind zwei Initiativen zur Gesundheitspolitik hängig.
1. Die "Initiative für Transparenz in der
Krankenversicherung", die eine Trennung von Grund- und
Zusatzversicherungen bei den KK verlangt. Auf diesem Gebiet herrscht ein geradezu grotesker Schlammassel.
Die
Unterschriftensammlung läuft, die Stossrichtung ist durchaus in unserem
Interesse.
2. Die Initiative der SP für eine Einheitskasse
(diesmal nicht mit einkommensabhängigen Prämien) ist angekündigt. In der
aktuellen Situation ist diese Idee auf den ersten Blick verlockend, für uns
aber äusserst gefährlich und wohl kaum kostensparend. Mit Managed
Care erhalten die Kassen ohnehin mehr Gewicht. Wenn
wir nur noch einer einzigen riesigen Kasse gegenüber stehen, kippt das
ausgeklügelte Gleichgewicht zwischen Akteuren vollends auf die Seite der Kasse.
Die
Initiative ist nicht im Interesse der frei praktizierenden Aerzte,
die Folgen werden einmal mehr auf dem Buckel der Allgemeinpraktiker ausgetragen
- sofern es sie dann noch gibt.
Letzte Woche erhielten wir von der FMH die erfreuliche Mitteilung, dass
die BIP weiterhin verrechnet werden kann.
"Die BIP kann bis Ende Februar 2012 weiterhin verrechnet werden.
Dies hat Santésuisse im Rahmen ihrer
Verwaltungsratssitzung vom 27. Oktober 2010 zugesichert, vorbehältlich der
Genehmigung des Bundesrates. Die Groupe Mutuel
weigert sich aber weiterhin bis zur Genehmigung der Verlängerung durch den
Bundesrat die Position 00.0065 zu vergüten."
Dieses Vorgehen der Groupe Mutuel
mutet etwas eigentümlich an. Durch die Refusierung
unserer Rechnungen entsteht bei den Patienten der Eindruck, dass wir
ungerechtfertigte Positionen verrechnen und die Krankenkasse als Retter der
Patienteninteressen diese zurückweist. Es scheint uns wesentlich, dass
zurückgewiesene Rechnungen nicht einfach ad acta gelegt, sondern sofort nach
Absegnung der Tarifverlängerung durch den Bundesrat erneut gestellt werden.
Hilfreich für die Patienten wäre ein entsprechendes Begleitschreiben, das auch
auf die Kosten dieses bürokratischen Leerlaufes von Krankenkassen hinweist…
Die
gesammelten Daten der Arztpraxen stellen die Grundlage in den
Tarifverhandlungen dar. Es ist für uns eminent wichtig, gute und statistisch
aussagekräftige Daten zu haben. Diese geben ein Bild über die
Einkommenssituation und über medizinische Fragen. Zuständig für die
Datenorganisation sind die kantonalen Aerztegesellschaften.
Sie gehen dabei sehr unterschiedlich vor.
In
Zürich wurde schon vor einigen Jahren eine Datenlieferungspflicht in den
Statuten aufgenommen. Alle Aerzte, die über eine
eigene Konkordatsnummer abrechnen, müssen ihre Daten in anonymisierter Form der
Aerzteschaft zur Verfügung stellen. Die Daten können
an eines der Trustcenter, via CD an die Aerztekasse
oder über die Homepage der KKA übermittelt werden. MediData-Kunden können eine
Gratiskopie der Rechnungen an die Trustcenter veranlassen. Alle
Mitglieder, die ihre Daten nicht zur Verfügung stellen, erhalten eine Rechnung
zur Bezahlung einer Ersatzabgabe. Mit diesen Ersatzabgaben wird die
Datenauswertung bezahlt.
Die rollende
Kostenstudie ist in den letzten Jahren eingeschlafen. Das Liefern der
Daten, die den Praxisaufwand aufzeigen ist den meisten zu mühsam geworden. Aber
auch diese Daten sind für das Führen von Vertragsverhandlungen wichtig, weshalb
die ROKO reaktiviert wurde.
Die
notwendigen 8 Zahlen zum Praxisaufwand können wie bisher in Papierform, über
die Homepage der TC's (TC-Kunden)
oder über die Homepage der KKA (nicht TC-Kunden) http://www.kka-ccm.ch
online eingegeben werden. Den Benutzernahmen und das Passwort finden Sie auf
den Unterlagen, die Sie von ihrer kantonalen Aerztegesellschaft
erhalten haben.
Wenn
Sie ein genaueres Bild Ihrer Praxis im Vergleich zum Referenzkollektiv erhalten
möchten, dann können Sie selbstverständlich auch die Zahlen der Unterkategorien
eingeben. Diese Zahlen haben Sie ohnehin in Ihrer Buchhaltung. Sicherlich gibt
auf Wunsch auch Ihr Treuhänder die Daten für Sie ein.
Sollte
die Teilnahme an der ROKO in gewissen Kantonen weiterhin keine statistische
Signifikanz erlangen, so wird auch hier die Einführung einer Ersatzabgabe zur
Verbesserung der Mitarbeit unumgänglich sein.
Dass
der ärztliche Notfalldienst im Argen liegt ist kein Geheimnis. Die Patienten
fühlen sich auf der Notfallstation besser aufgehoben als in der Arztpraxis,
auch wenn sie stundenlang warten müssen und sinnlose Kosten verursachen. Die
Spitaldirektoren reiben sich die Hände, die Aerzte
auf der Notfallstation sind überfordert, und in den externen Arztpraxen läuft
nichts mehr.
Vorgelagerte
Praxen sind die propagierte Lösung der Stunde. Die Kantone bezahlen
bereitwillig die Infrastruktur dieser Praxen, obwohl sie ja eigentlich schon
bei jedem Praktiker vorhanden ist. Der Patientenstrom wird durch eine
schnellere Behandlung im Spital wohl eher noch verstärkt und weil die
Spitalärzte überfordert sind, sollen die "arbeitslosen" peripheren
Allgemeinpraktiker die Probleme der Spitäler lösen.
Eigentlich
wäre die Lösung des Problems doch viel einfacher: Sie geht wie immer über das
Portemonnaie des Patienten. 20% Selbstbehalt, wer ohne Ueberweisung
im Spital erscheint und garantiert ist innerhalb von Tagen der Spitalnotfall
leer. Warum es nicht geht? Fragen Sie die Spitaldirektoren und die kantonalen
Politiker. Offensichtlich haben sie kein Interesse an tiefen Kosten sondern
daran, dass die Patienten in ihrem Einflussbereich behandelt werden.
Auf
den Desensibilisierungslösungen von Allergopharma war
seit Jahren jeweils der Name des Patienten aufgeklebt. Eine Hilfe gegen Verwechslungen
und einfach in der Praxis-Handhabung. Nachdem die neuen Packungen nicht mehr
beschriftet waren, haben wir bei der Firma angefragt und diesen Brief erhalten.
Es ist
unglaublich, wie kommaspalterdumm sich BAG und Swissmedic
verhalten. Mehrarbeit in den Arztpraxen und Verwechslungsgefahr scheint in
diesen Etagen kein Thema zu sein. Irgendwie kommt man nicht um den Eindruck
herum, dass in diesen Aemtern Geld gespart und einige
Stellen problemlos gestrichen werden könnten.
Dr. med. Andreas Girr
Allgemeine Medizin FMH
Waldstr. 18
8132 Egg (ZH)
Tel. 044 984 01 11
Fax 044 984 27 51
Email andreas.girr@puure-huus.ch
Puure-Huus Gruppe: Otto Frei, Andreas Girr, Martin
Jost, Martin Schneider, Bernhard Sorg, Josef Widler
Motto
des Tages:
Erfahrung ist nicht das schlechteste Geschenk bitterer Stunden.
Guy de Moupassant