Aktionsgruppe www.puure-huus.ch Bulletin Nr. 64
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Zur direkten Medikamentenabgabe im Kanton Zürich
Die
Einsprachen zur kantonalen Abstimmung vom 30.11.08 betreffend die
Einführung der DMA in den Städten Zürich und Winterthur sind nun vor
Bundesgericht erledigt. Die Einführung lässt aber weiter auf sich warten.
Unsere Juristen scheinen nach diesem Kraftakt zunächst Ferien nötig zu haben.
Im
Moment geht es noch um die heikle Frage, ob die Aerzte unter dem Blickwinkel
des neuen Medizinal Berufe Gesetzes überhaupt noch
befähigt sind, Medikamente abzugeben. Die Fragestellung tönt wie ein schlechter
Witz und hätte möglicherweise Einfluss auf die Heligrösse der REGA. Falls die
Aerzte nämlich nicht mehr befähigt wären, müsste ab sofort ein Apotheker bei
den Notfalleinsätzen mitfliegen um die Medikamente abzugeben. Eine ähnliche
Situation existiert in England: Da fahren auf Diesellokomotiven noch die
ehemaligen Heizer der Dampflokomotiven mit, da sie aus gewerkschaftlichen
Gründen nicht entlassen werden können…
Fixe Entschädigung für die DMA statt Marge?
Wegen politischem Druck auf die Verkaufsmargen vor allem durch den Preisüberwacher und durch eine Eingabe von Frau SR Diener ZH (!), die Marge selektiv bei den Aerzten zu senken, ist die FMH aktiv geworden und hat Verhandlungen mit SantéSuisse über ein margenunabhängiges Abgeltungsmodell aufgenommen. Es soll dabei nicht darum gehen die Kosten zu senken, sondern eine kostenneutrale und margenunabhängige Abgeltung zu erreichen. Im Moment lässt sich zum eigentlichen Modell noch kein Urteil fällen, da dieses noch nicht endgültig vorliegt.
Sicher kann man der Arbeitsgruppe der FMH
unter Leitung von Ernst Gähler attestieren, dass sie aktiv zu gestalten
versucht und nicht wartet bis wir reagieren müssen. Möglicherweise hat der
Vorstoss der FMH auch mit dazu beigetragen, die Frage der DMA aus der Revision
des Heilmittel Gesetzes herauszunehmen, hat doch das BAG
Interesse an einem solchen Modell gezeigt.
Zur Eingabe von Frau SR Diener lässt sich
sagen, dass diese für die Apotheker leicht zum Bumerang werden könnte: Sollte
die Marge für die DMA Aerzte sinken, so wäre dieser Kanal ohne Wenn und Aber
billiger. Dies könnte zu politischem Druck auf die Nicht-DMA-Kantone führen,
die nachweislich billigere Methode ebenfalls einzuführen…
Hinweis zum Medikamentenbezug auf Rezepten
Ende letztes Jahr bekam ich ein Rezept eines Zürcher
Spitals, auf dem den Patienten nicht nur der Medikamentenbezug in einer Apotheke,
sondern auch beim Hausarzt vorgeschlagen wurde. Zugegeben, der Text war etwas
plump formuliert. Er musste auf Intervention der Apotheker auch rasch wieder
entfernt werden. Der Vorfall zeigt aber deutlich, dass die Apotheker weiterhin
die Wahlfreiheit des mündigen Patienten zu unterbinden versuchen.
Dabei geht es gar nicht um eine Konkurrenzierung der
Apotheker, sondern um die Sicherheit der Patienten und um Doppelspurigkeiten zu
vermeiden. Wie oft stimmen die Medikamente im Austritts bericht nicht mit dem
Rezept überein, wie oft werden unterschiedliche Generika abgegeben, die der
Patient nicht als identisch erkennt.
Die
Gefahr von Mehrfacheinnahmen des gleichen Medikamentes ist durchaus gegeben.
Ich musste selber bereits zweimal nach Spitalentlassung einen Hausbesuch machen
nur um die Medikamente zu ordnen!
Sinnvoll und sicher genügend wäre zum Beispiel
folgender Text auf dem Rezept:
"Falls Sie bereits vor Spitaleintritt
regelmässig Medikamente eingenommen haben, legen Sie dieses Rezept vor dem
Medikamentenbezug Ihrem Hausarzt vor. Damit können Sie unnötige
Medikamentenbezüge und gefährliche Doppeleinnahmen vermeiden."
KK-Telefonbehandlungen und
Medikamentenbezug
Die KK
Sanitas hat eine Billigtochter gegründet: Sanitas Compact. Die Patienten werden
folgenderweise instruiert: Schritt1: Bei Gesundheitsproblemen lassen Sie sich
immer zuerst bei der medizinischen Hotline beraten (das müsste ich als Arzt
nach entsprechender Anfrage übrigens auch tun!). Schitt2: Ein Arzt der
medizinischen Hotline legt gemeinsam mit Ihnen den verbindlichen
Behandlungsablauf fest. Sie erhalten Anweisungen zur Selbstbehandlung und
können - falls erforderlich - Medikamente per Post beziehen oder direkt in
einer Apotheke abholen.
Ein
Kollege schriebt: "Eine langjährige Patientin kommt zu mir und
verlangt ein Rezept zum Medikamentenbezug in der Apotheke für Medikamente, die
sie bisher immer bei mir direkt bezogen hat. Sie ist seit 1.1.11 bei
Sanitas-Compact versichert und will nun gemäss Schritt2 das Rezept bei mir und
die Medikamente in der Apotheke beziehen. Nach Intervention konnte ich die
Medikamente dann doch abgeben und auf das Ausstellen eines Rezeptes verzichten…
Die Aufgaben der FMH
Eine der
wichtigsten Aufgaben eines Berufsverbandes ist die Pflege und politische
Vertretung der Mitglieder. Wie auch in anderen Verbänden herrscht in der FMH
Pluralismus und Meinungsfreiheit. Allerdings muss auch jeder Verband darauf
bedacht sein, möglichst alle Mitglieder zu vertreten.
Es ist
wünschenswert und positiv, dass die FMH sich vermehrt politisches Gehör
verschafft. Allerdings sollte sie sich auf ihr Kerngeschäft, die
standespolitische Vertretung der Mitglieder beschränken. Eine Einmischung der
FMH in umstrittene politische Fragen ausserhalb der Standespolitik spaltet die
Mitglieder und führt zur Schwächung der Organisation.
In letzter Zeit
ist es leider immer wieder zu Querelen gekommen, weil genau diese Grenze
überschritten wurde und sich viele Mitglieder durch die FMH nicht mehr
vertreten fühlen. Das Paradebeispiel ist die Unterstützung der
Waffeninitiative.
Immer wieder komme
ich nicht um den Eindruck herum, dass die FMH Spitze gar nicht so genau wissen will,
was die Basis denkt. Beim umstrittenen Thema DRG Moratorium hat die FMH
Aerztekammer, bestehend aus 200 Delegierten, am 26.5.11 ein Moratorium
abgelehnt und fordert stattdessen eine national einheitliche Übergangsregelung während dreier Jahre zur
Abfederung von Systemverzerrungen. Eine Urabstimmung wird wahrscheinlich noch
erfolgen, weil der VSAO (Verband Schweizerischer Assistenz-
und Oberärzte) und sieben Fachgesellschaften dies fordern (gemäss FMH
Statuten wären fünf Fachgesellschaften für eine Urabstimmung nötig).
Vorbildlich erscheint mir das Vorgehen einiger
Kantone, die aktuell eine Mitgliederbefragung zur Einheitskrankenkasse
durchführen. Da diese Frage die ganze Schweiz betrifft, hätte ich die Umfrage
allerdings von der FMH erwartet.
Ich bin überzeugt, dass eine Mehrheit der Aerzte
Umfragen der Berufsverbände zu wesentlichen gesundheitspolitischen Fragen als
wünschenswert erachtet. Dass sich in den Reihen der Aerzte eine politische
Lethargie breit gemacht hat hängt auch damit zusammen, dass die Basis das
Gefühl hat, ihre eigenen Delegierten würden an ihr vorbei politisieren.
"Für die Krankenversicherer
ist die Forderung von Physioswiss nach einer Erhöhung des Taxpunktwertes um
über 20% nicht akzeptabel. Physioswiss hat das Angebot von Tarifsuisse AG zur
Verlängerung des Tarifvertrags zu den bisherigen Bedingungen abgelehnt. Ab 1.
Juli 2011 tritt damit auf nationaler Ebene ein vertragsloser Zustand ein. Für
die Physiotherapie gilt ab diesem Datum der sogenannte „Tiers garant“, der
bedeutet, dass die Physiotherapeuten die Rechnungen direkt an den Patienten
stellen müssen."
http://www.santesuisse.ch/de/dyn_output.html?content.vcid=6&content.cdid=31931&sess_contentonly=
Die
Physiotherapeuten sind einfach schneller als die Aerzte. Sie hatten zuerst
einen Vertrag, sie haben uns nach ihren Erfahrungen vor TARMED gewarnt und nun
haben sie den Vertrag gekündigt. Wie lange geht es noch, bis wir das auch tun?
Medikamentenpreisupdate nur noch über
Softwareanbieter, dafür kostenpflichtig…
Sie
beziehen Ihr Medikamentenpreisupdate auch gratis über Ihren Grossisten? Dann
setzten Sie sich hin und atmen Sie tief durch bevor Sie weiter lesen…
Per
1.1.2012 wird ein neues Format für die Preisupdates eingeführt. Und dieses
Update ist nur noch bei den Softwarelieferanten (natürlich gegen bare Münze)
erhältlich. Pro Forma werden Sie von Ihrem Softwarehändler noch einen Vertrag
zum Unterschreiben erhalten, aber eine Wahl haben Sie nicht. Der Pappenstiel
kostet bei Vitodata 418.93 pro Jahr (excl. MWST) und wird natürlich unter dem
Stichwort Qualität "Mehr Sicherheit in der Medikation" verpackt.
Noch
Fragen? Nein - eine Taxpunkterhöhung ist nicht geplant und die Margen beim
Medikamentenverkauf sollen bekanntlich fallen…
Verein freie Arztwahl
"KVG-Teilrevision
Managed Care (MC): Errettung in letzter Minute?
Beim
Parlament wächst langsam die Einsicht, dass die KVG-Reform zur MC-Vorlage mit
der obligatorischen Budgetmitverantwortung und dem differenzierten Selbstbehalt
(SB) zu einem Irrläufer mutiert ist. Der Ständerat (SR) wird die Vorlage am 30.
Mai erneut behandeln. Die vorberatende Gesundheitskommission (GSK) des SR
möchte den verbesserten Risikoausgleich, der die Jagd der Krankenkassen nach
günstigen Risiken (Risikoselektion) unterbindet, aus der Vorlage herauslösen.
Es wird offenbar befürchtet, dass andernfalls der einzige konsensfähige
Reformpunkt mit der Vorlage abstürzen könnte. Die GSK-SR will keinen Zwang für
die Krankenkassen, der ein flächendeckendes Angebot für Budgetmedizin verlangt,
und den Krankenkassen erlauben, selber MC-Netzwerke betreiben zu dürfen. In
beiden Punkten divergiert der Nationalrat, der einen Angebotszwang und die
Unabhängigkeit der MC-Netzwerke fordert. Auch beim wettbewerbsverzerrenden SB
und der maximalen Selbstkostenbeteiligung feilschen die Räte wie auf dem Bazar.
Angesichts der Differenzen keimt die Hoffnung, dass die Vorlage im Herbst
endgültig vom Parlament selber beerdigt wird, sonst müsste es der Souverän in
einer Referendumsabstimmung nachholen. Vielleicht kommt die Ärzteschaft im
Dornröschenschlaf dieses Mal noch mit einem blauen Auge davon. Die FMH
Mitglieder sollten allerdings beim nächsten Reformpaket die FMH Spitze enger an
die Kandare nehmen und die Basisdemokratie endlich aufleben lassen."
Dr.
med. René Haldemann, Richterswil
http://www.verein-freie-arztwahl.ch/index.html
(Mitgliedschaft möglich)
Liebe Kollegen, nichts ist unmöglich! Es
bedingt aber, dass wir zusammen stehen und den politischen Druck erhöhen. Dabei
ist die Zahl der kämpfenden Aerzte ganz entscheidend. Alle, die in Lethargie
versinken oder aus Angst nur die Faust im Sack machen tragen nichts dazu bei,
die Misere der Aerzte positiv zu beeinflussen. Niemand soll alleine aus dem
Tarmed austreten, das führt bei Politikern und Krankenkassen nur zu einem müden
Lächeln. Sind wir aber viele, die in den Ausstand treten, dann sind wir stark,
sehr stark. Nur sollten wir das endlich auch entsprechend umsetzen!!
René Mégroz der FMGS schreibt
uns folgende Zeilen:
"Die Problematik des
drohenden Untergangs der Grundversorgung ist mittlerweile allseits anerkannt:
Abnehmende Zahl von GrundversorgerInnen infolge Versagens der
Steuerungsinstrumente (numerus clausus), fortgesetzt sinkender Attraktivität
des Berufes wegen seit rund 40 Jahren schmelzenden Einkommen sowie ausufernder
Verbürokratisierung der ärztlichen Tätigkeit.
Der politische Verhandlungsweg
und auch Strassendemonstrationen haben keinerlei positive Änderungen gebracht,
sondern im Gegenteil, die Lage hat sich zusätzlich verschlimmert (z.B.
Ärztestopp). Wir von der FMGS wollen über einen Ausstand aus dem KVG wirksamen
politischen Druck erzeugen, um dringliche Reformen anzustossen (vgl. www.fmgs.ch).
Seit der Gründung im November
2010 stellen wir eine gewisse Zögerlichkeit fest bei den KollegInnen, unserem
Verein beizutreten. Allzu radikal scheinen unsere Vorschläge vielleicht zu
sein, und es braucht Mut, eine allfällig befürchtete Existenzbedrohung bei AusstandsärztInnen
in Kauf zu nehmen. Wenn wir genügend KollegInnen sind, die den Ausstand
ernsthaft erwägen, müssen nicht wir um unsere Existenz fürchten, sondern das
Land muss um seine tolle und günstige Grundversorgung fürchten. Diese Kraft
wird Berge versetzen.
Wir kommen gerne an
Mitgliederversammlungen, um über unseren Verein und die Vorgehensweise zu
berichten. Melden Sie sich dafür oder bei Fragen unter mail@fmgs.ch."
http://www.freiberufliche-medizinische-grundversorger.ch/
(Mitgliedschaft möglich)
Ob KVG, TARMED oder DRG. Die
Aerzteschaft hat es immer verschlafen den entscheidenden Neuerungen in der
Gesundheitspolitik den Stempel aufzudrücken. Aus Angst vor einem schlechten
Image getrauen wir uns auch nie die Notbremse zu ziehen. So ist es der Politik
immer gelungen, durch die Hintertür all das einzuführen, was nichts bringt und
eigentlich unakzeptabel ist. Nach dem Kostendeckel im ambulanten Bereich
genannt LEIKOV kommt nun folgerichtig das Globalbudget im stationären Bereich
genannt DRG.
Falls DRG kommt, fordert
dies vor allem Zivilcourage bei den Chefärzten. Es geht darum, sich im Spiegel
noch als Arzt zu erkennen. Dass das Gesundheitswesen aber auch mit diesem neuen
Einschnitt nicht billiger wird, darüber sind sich inzwischen alle einig. Im
Gegenteil: Die Administration wird zunehmen und die Kosten steigen. Wozu also
die ganze Uebung?
Dr. med. Urs Strebel, Chefarzt Medizin Spital Männedorf:
"Im letzten Bulletin
wurde im Artikel „DRG - gehen wir wirklich in die richtige Richtung?“ über die Gruppe DRG
MORATORIUM berichtet, die auf ihrer
Homepage auch weiterhin (elektronisch) Unterschriften sammelt: http://www.drg-moratorium.ch/de/ .
Im Heft 11 der SÄZ vom 16. März wurde die Ärzteschaft von uns zu einer Petition
an die FMH aufgerufen. Bis Anfang Mai gingen gut 3000 Unterschriften ein. Die
Sammlung geht weiter. Die Petitionsbogen müssen ausgedruckt, unterschrieben und
per Fax zurück geschickt werden: http://www.drg-petition-aerzteschaft.ch/de/
.
Auch wenn der politische
Entscheid, die Swiss DRG per 01.01.12 einzuführen gefallen zu sein scheint,
melden immer mehr Gruppen Ihre Vorbehalte an. Sogar die FMH fordert seit neustem zwar kein Moratorium, aber eine
Übergangszeit von 2-3 Jahren, um Antworten auf die noch offenen Fragen wie
Datenschutz, Finanzierung der Weiterbildung und der Investitionen,
Begleitforschung, Auswirkungen auf die nachbehandelnden Institutionen
(Hausärzte, Spitex) etc. zu finden, um das angeblich lernende DRG-System
instruieren zu können. Die Allianz DRG
Personal unterstützt sogar das Moratorium, nachdem ihre Forderungen nach
flankierenden Massnahmen kürzlich vom BAG abgelehnt wurden.
Aber auch einem noch so
intelligenten System wird die Quadratur des Kreises nicht gelingen: die
komplexe Krankheit eines individuellen Menschen lässt sich nicht auf eine
simple Zahl reduzieren – und sei das System noch so ausgeklügelt. Vielleicht
müsste man einsehen, dass es sich nur für einfache Fälle eignet und mit diesen
beginnen, um Erfahrungen zu sammeln, deren Schlussfolgerungen auch heissen
können, die Einführung rückgängig zu machen. Wir sind gerne bereit, uns für die
Ausarbeitung eines besseren Systems zu engagieren."
Dr. med. Andreas Girr
Allgemeine Medizin FMH
Waldstr. 18
8132 Egg
(ZH)
Tel. 044 984 01 11
Fax 044 984 27 51
Email andreas.girr@puure-huus.ch
Puure-Huus Gruppe: Andreas Girr, Martin Jost,
Martin Schneider, Bernhard Sorg, Josef Widler
Motto
des Tages:
Scheint die Welt so gross,
weil der Kopf so klein?
Wilhelm Busch