Aktionsgruppe www.puure-huus.ch Bulletin Nr. 65
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Wegen der Länge des Bulletins habe ich es in zwei Hauptthemen und einige Nebenthemen unterteilt. Entscheiden Sie selbst, wie viel Zeit sie zum Lesen aufwenden wollen!
Sie
kennen das Trauerspiel: Drei Abstimmungen haben wir gewonnen, um die
Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug im ganzen Kanton Zürich zu erreichen. Die
letzte und entscheidende Abstimmung fand am 30.11.08 statt. Wie bereits bei den
früheren Abstimmungen griffen die Apotheker zum Trick der Beschwerden an alle
zuständigen und nicht zuständigen Gerichte. Schliesslich hat das Bundesgericht
mit Urteil vom 23.9.11 definitiv
entschieden, dass die Regelung der Medikamentenabgabe kantonale Hoheit ist und
hat daher den Rekurs der Apotheker abgelehnt.
Wer
nun glaubt, dass das Trauerspiel nun beendet ist liegt leider falsch. Drei
Apotheker haben eine Beschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates
eingereicht, wonach die Einführung der SD in den Städten auf den 1.1.12 zu
rasch erfolge und eine Uebergangsfrist von mindestens
5 Jahren (!!!) zu gewähren sei. Damit ist durch die aufschiebende Wirkung der
Beschwerde die Einführung der SD in den Städten Zürich und Winterthur ein
weiteres Mal blockiert.
Es
sollten nun auch die letzten Sympathisanten der Apotheker merken, dass diese
mit den Volksrechten Schindluderei betreiben und an
den Grundmauern der direkten Demokratie rütteln, nur um weiter ihr Monopol
aufrecht erhalten zu können. Eigentlich würde man nun geharnischte
Pressemitteilungen erwarten - bei vergleichbarem Verhalten der Aerzte wäre das sicher der Fall - doch was geschieht?
Anstatt sich über die Nichtbeachtung des Volkswillens aufzuhalten schreiben die
Journalisten lieber darüber, dass den Aerzte der
Kragen geplatzt ist und Aerzte und Apotheker sich
wieder in den Haaren liegen.
Der Regierungsrat hat nur die Möglichkeit,
dem zuständigen Gericht den Entzug der aufschiebenden Wirkung zu beantragen.
Das wurde in der Beschwerdeschrift soweit wir wissen auch gemacht. Zudem wurde
eine beschleunigte Behandlung beantragt. Mehr kann die Regierung nicht tun. Es
liegt also wieder einmal an den Juristen und die haben schon einmal gezeigt
dass sie durchaus auch einen Volksentscheid drei Jahre liegen lassen können.
Worauf die Apotheker wohl spekulieren?!
Es ist
nun an der Zeit, die Apotheker in Schranken zu weisen. Wenn das Journalisten, Politiker
und Juristen nicht schaffen, dann müssen wir das eben auch noch übernehmen. Die
einfachste und sofort wirksame Massnahme ist auf den Medikamentenversand der Apotheke zur Rose
AG (standeseigen) umzustellen. Diese Möglichkeit besteht auch in
Kantonen ohne DMA. Sie bietet den Patienten einen guten Service zu günstigen
Preisen und verursacht den rezeptierenden Aerzten
keinen Mehraufwand und keine Mehrkosten. Es liegt also an jedem einzelnen nicht
DMA-Arzt, Druck über das Portemonnaie auf die
Apotheker auszuüben. Wir sind sicher, dass sie diese Sprache verstehen werden.
Im
Kanton Zürich entwickelt sich ein neues Berufsbild: Der Advotheker.
Mit
Rekursen, Einsprachen und Beschwerden beschäftigen die Apotheker seit Jahren
die Gerichte über alle Instanzen und torpedieren den Volkswillen. Und die
Gerichte lassen sich willig missbrauchen.
(Verfremdete Karikatur nach
Josef Benedict Engel, Der Landapotheker, 1904)
Es ist
auch völlig klar, dass wir von unseren Standesvertretern erwarten, dass alle
Versuche der Apotheker ihr Tätigkeitsfeld in den Aerztebereich
auszudehnen konsequent und mit allen Mitteln bekämpft werden. Wir werden weder
Cholesterin- noch Blutzuckerkontrollen und schon gar keine Impfungen
tolerieren. Auch Gesundheitsberatungen mit neuen Abrechnungspositionen sind
konsequent zu bekämpfen.
Im Weiteren
erwarten wir von unseren Standesvertretern eine konsequente Obstruktionspolitik
gegen alles was uns nicht genehm ist, egal woher es auch kommt. Auch wir werden
einen Juristen finden, der unerwünschte Aenderungen
jahrelang zu blockieren weiss, egal wie die Interessen der Bevölkerung liegen.
Wir erwarten dann von den Journalisten, dass sie sich ebenso ducksmäuserisch ruhig verhalten werden, ansonsten wir sie
auf die Medikamentenabgabe im Kanton Zürich hinweisen müssen!
Nachdem
die FMH ursprünglich gar nicht wissen wollte, wie die Basis zu Managed Care denkt, sie aber
durch ein paar "Abweichler" zu einer Urabstimmung gezwungen wurde,
steht fest, dass zwei Drittel der Aerzte gegen die Managed Care Vorlage sind.
Folgerichtig hat der FMH-Präsident Jacques de Haller die Politik der FMH an den
Willen der Basis angepasst. In der Aerztekammer vom
26.10.11 wird das Referendum und der kommende
Abstimmungskampf beschlossen und mit namhaften finanziellen Mitteln ausgestattet.
Bereits
während der Aerztekammersitzung versuchen Exponenten
der Netzwerke und der Allgemeinmediziner das klare Resultat der Urabstimmung
schönzureden und abzuschwächen. Folgerichtig beschliesst die Delegiertenversammlung
von "Hausärzte Schweiz" mit 31:10 Stimmen die Vorlage zu unterstützen
Die Durchführung einer Urabstimmung wird abgelehnt, kann aber von 15% der
Mitglieder gefordert werden… Wie die Basis der Grundversorger zu Managed Care steht, will die
Verbandspitze selber also lieber gar nicht wissen. Stellt sich zudem noch die
Frage, wie viele der frei praktizierenden Grundversorger sich überhaupt
"Hausärzte Schweiz" angeschlossen haben. Auch wenn bei einer
Mitgliederbefragung im Kt Thurgau 43 Grundversorger
für und nur 13 gegen die Einführung von Managed Care sind, ist das sicher nicht aussagekräftig für die ganze
Schweiz.
Ich
bin selber Grundversorger und bisher in keinem Netzwerk tätig. Ich habe mir die
Argumente der Befürworter und der Gegner angehört. Ganz allgemein bin ich sehr kritisch
eingestellt gegenüber allem, was von der Politik angepriesen wird. Bei der
Vorlage Managed Care gibt
es mehrere Punkte, die mich sehr skeptisch machen.
Die
Vorlage wurde während Jahren zwischen den Räten hin und her geschoben.
Zeitweise wurde sie schon tot gesagt. So gut kann sie also kaum sein. Noch am
Tag vor der Schlussabstimmung wurden substanzielle Aenderungen
vorgenommen um ein Ja der Räte zu erwirken!! Kann man da sagen, dass eine
Vorlage durchdacht und ausgegoren ist?!
Bei
der Revision des Krankenversicherungsgesetzes handelt es sich nur um die
Festlegung der "grossen Linien". Die Details werden erst in Verordnungen
geregelt, die nicht einmal der parlamentarischen Genehmigung bedürfen. Darauf
können wir also keinen Einfluss mehr nehmen und bekanntlich hockt der Teufel im
Detail. Wie immer kaufen wir also eine Katze im Sack.
Darf
ich Sie an die Abstimmung zum neuen KVG erinnern? Die Aerzteschaft
beschloss nobel sich herauszuhalten, sie wollte nicht zu den ewig Gestrigen
gehören. Wer von Ihnen ist mit dem aktuellen Gesetz glücklich, wer würde
nochmals ja Stimmen gehen?!
Eines
der wichtigsten Argumente der Befürworter ist das Verbot für die KK eigene
Praxen zu führen. Dies ist tatsächlich ein ganz wesentlicher Punkt. Die KK
sollen sich auf die Versicherung beschränken und selber keine Leistungen
erbringen. Nur sind die KK mindestens so klever wie
die Apotheker bei der Medikamentenabgabe. Sie werden mit juristischen
Winkelzügen ihre Präsenz bei der Leistungserbringung aufrechterhalten. So hat die Swica offenbar bereits damit begonnen, ihren
angestellten Ärzten neue Verträge zu unterbreiten falls das Referendum nicht
zustande kommen sollte. Man will die Gesundheitszentren in eigenständige
Aktiengesellschaften überführen, die Arbeitszeit für Aerzte
um 5 Std pro Woche erhöhen und ihnen im Gegenzug eine
Gewinnbeteiligung anbieten. Zuckerbrot und Peitsche.
Das zweite
wichtige Argument ist der verbesserte Risikoausgleich unter den Patienten um
die Jagd nach guten Risiken einzudämmen. Bei diesem Punkt vertreten wir nicht
unsere eigenen Interessen, sondern die der Patienten. Unsere Patienten sind
aber mündige Bürger, sie können ihre Interessen selber wahrnehmen. Ich bin
sicher dass sie das auch tun werden: Bei der nächsten Abstimmung zur Einheitskrankenkasse
wird mit grosser Sicherheit ein Ja resultieren und
dann ist das Problem gelöst.
Die
Budgetmitverantwortung ist für mich ein total rotes Tuch. Aktuell geht es bei
den Netzwerken offenbar um Beträge von 50 Rappen je Patient. Wehe wenn sie
losgelassen! Ist die Budgetmitverantwortung einmal verankert, dann wird es um
viel Geld gehen. Wir sind keine Oekonomen, und somit
kaum in der Lage, für uns günstige Verträge mit den Versicherungen
auszuhandeln. Das bedeutet, dass jedes Netzwerk einen Gesundheitsökonomen
anstellen muss und die arbeiten bekanntlich wie die Juristen nicht gratis!
Wir übernehmen
freiwillig von der Politik die unlösbare Aufgabe die Medizin billiger zu
machen. Wem es gelingt, der wird wahrscheinlich in irgendeiner Form eine
versteckte Rationierung durchführen, nach eigenem Ermessen. Bis dann ein Jurist
in Vertretung eines Patienten feststellt, dass dieser unterversorgt wurde. Wir
haben eine Verantwortung gegenüber dem Patienten und gegenüber der
Allgemeinheit. Wenn wir zugunsten der Allgemeinheit durch Einschränkungen
sparen müssen, dann soll uns die Politik klar sagen wo und wie. Das ist ihre
Aufgabe und nicht die unsrige. Wir müssen nicht freiwillig die heissen Kartoffeln für die Politiker aus dem Feuer holen.
Managed Care bringt aber noch weitere Aufgaben, die ich als
Allgemeinpraktiker nicht übernehmen will: Zum Beispiel will ich keine
Rechnungen der Spezialisten kontrollieren. Das unterhöhlt die Kollegialität und
ist Sache der KK. Ich will keine weiteren bürokratischen Aufgaben und die
kommen mit dem Risikoausgleich und der Budgetverantwortung bestimmt. Und ich
will keine zusätzlichen netzwerkgebundenen Weiterbildungen besuchen müssen, die
aktuell vorgeschriebenen reichen mir völlig. Zudem bin ich der Meinung, dass
sich Managed Care mit
gleich langen Spiessen mit dem aktuellen Hausarztsystem messen soll. Eine
Subventionierung durch einen tieferen Selbstbehalt ist nicht angebracht,
solange nicht klar ersichtlich ist, dass das neue System tatsächlich auch
billiger ist.
Nach meiner Einschätzung gibt es keinen einzigen hib- und stichfesten Grund weder für Grundversorger noch
für Spezialisten zur aktuellen Vorlage Ja zu sagen. Ich respektiere aber alle
Kollegen, die in irgendeiner Weise in einem Netzwerk arbeiten und das auch weiter
tun wollen. Bitte versuchen Sie aber nicht, den Kollegen die Managed Care nicht wollen, Ihr
Glück mit dieser Vorlage aufzuzwingen.
Nachdem
zwei Drittel der Stimmenden bei der FMH-Urabstimmung das Referendum und ein
Nein zur Vorlage gefordert haben, sollte sich nun die Minderheit diesem
Entscheid beugen und sich zurück halten. Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie
sich für die Ablehnung einsetzen. Ein nobles Schweigen wäre allerdings im
Interesse der Einheit der Aerzteschaft angebracht.
Auseinandersetzungen innerhalb der Aerzteschaft
freuen Politiker und Journalisten, bringen uns aber nicht weiter. Sollte diese
Vorlage die Aerzteschaft spalten, dann haben wir mehr
verloren als Managed Care.
Und noch ein Wort an die Allgemeinpraktiker: Wie
wünschen Sie sich, dass sich die Spezialisten verhalten, wenn die
Hausarztinitiative und der unsägliche Gegenvorschlag zur Abstimmung anstehen?!
Dr. med. Andreas Girr
Allgemeine Medizin FMH
Waldstr. 18
8132 Egg
(ZH)
Tel. 044 984 01 11
Fax 044 984 27 51
Email andreas.girr@puure-huus.ch
Puure-Huus Gruppe: Andreas Girr, Martin Jost, Martin
Schneider, Bernhard Sorg, Josef Widler
Motto
des Tages:
Herr, lass Gras wachsen, die Zahl der Rindviecher nimmt ständig zu!
Messingschild an
der St. Jakobs-Kapelle in Zarten bei Freiburg (D)
Im zweiten Teil
habe ich Ihnen einige standespolitische Aktualitäten zusammengestellt, über die
Sie informiert sein sollten. Falls Sie es vorziehen, sich in den
Weihnachtsrummel zu stürzen anstatt die weiteren Themen zu lesen, so wünschen
wir Ihnen vom Puure-Huus schöne Festtage und einen
guten Rutsch ins neue Jahr. Ich bin sicher, dass uns auch 2012 die Themen für
weitere Bulletins nicht ausgehen werden.
Wir haben verschiedene Leserbriefe zu diesem Thema erhalten. Die meisten Kollegen befürchten, die Medikamente bald gratis abgeben zu müssen und so schleichend durch die Hintertür die DMA zu verlieren. Wir verstehen diese Sorge durchaus, allerdings haben offenbar viele den Beitrag im letzten Infomail nicht genau gelesen. Die Einführung einer fixen Entschädigung soll den schleichenden Verlust der DMA verhindern!
Wir haben sehr viel Vertrauen in die Arbeit
von Erst Gähler, Vizepräsident der FMH und
Allgemeinpraktiker aus dem Kt Appenzell (mit SD!),
der die Verhandlungen führt. Dass aktuell nicht über Details informiert werden
kann, dürfte jedem einleuchten. Jede Zahl wäre ein gefundenes Fressen für die
Journalisten. Wir drucken daher nochmals Auszüge aus dem alten Artikel ab, und
möchten alle Kollegen bitten, diese genau zu lesen. Die Eckwerte sind darin
klar aufgeführt. Zahlen braucht es dazu keine!
"Wegen politischem Druck auf die
Verkaufsmargen vor allem durch den Preisüberwacher und durch eine Eingabe von
Frau SR Diener ZH (!), die Marge selektiv bei den Aerzten zu senken, ist die
FMH aktiv geworden und hat Verhandlungen mit SantéSuisse
über ein margenunabhängiges Abgeltungsmodell aufgenommen. Es soll dabei nicht darum gehen die Kosten zu senken,
sondern eine kostenneutrale und
margenunabhängige Abgeltung zu erreichen. Im Moment lässt sich zum
eigentlichen Modell noch kein Urteil fällen, da dieses noch nicht endgültig
vorliegt."
Vor den eidgenössischen Wahlen ist mir ein Flyer von Frau Kantonsrätin Julia
Gerber Rüegg in die Hände geraten. Frau Rüegg legt den Finger
tatsächlich auf einen wunden Punkt: unsere Saläre sind wirklich seit
Jahrzehnten nicht angepasst worden.
Für mich stellen sich bei diesem Flyer allerdings folgende Fragen: Werden die Interessen der
frei praktizierenden Aerzteschaft neuerdings durch
die SP vertreten? Wäre es nicht Aufgabe der AGZ, die "vergessenen"
Preise und Gebühren am richtigen Ort in Erinnerung zu rufen? (NB: Falls die
Journalisten nichts darüber berichten wollen, dann kopple man es mit der
Drohung eines Bleistiftstreiks…).
Frau Gerber wurde leider nicht in den
Nationalrat gewählt, sonst hätte sie dort die Anpassung des Tarmed-Taxpunktwertes
an die Teuerung fordern können. Dieser wartet ebenfalls seit 30 Jahren auf eine
Anpassung. Die 25.- für die Leichenschau sind somit höchstens die Spitze des
Eisbergs.
Im Parlament haben 5 Nationalräte und 1
Ständerat einen ärztlichen Berufsabschluss. Damit sind wir eigentlich zur
Anzahl der Aerzte in der Schweiz deutlich übervertreten.
Dass wir unsere Anliegen politisch nicht umsetzen können, liegt kaum an der
Anzahl unserer Vertreter, sondern eher an der Art und Weise unserer
Interessensvertretung. Vielleicht sollten die Aerzte
im Bundeshaus versuchen den Vorsitz in der nationalrätlichen
Gesundheitskommission zu übernehmen. Sie wären sicher kompetenter als Toni Bertoluzzi, der als Schreiner in Gesprächen über das
Gesundheitswesen keinerlei Fachkompetenz erkennen lässt.
Mit Klick auf die Namen gelangen Sie zur Biografie,
den Voten und den eingereichten Vorstössen.
Kanton Tessin: Marina Carobbio NR SP
Kanton Tessin: Ignazio Cassis NR FDP
Kanton Luzern: Yvette
Estermann NR SVP
Kanton Jura: Pierre-Alain
Fridez NR SP (neu)
Kanton St. Gallen: Yvonne
Gilli NR GPS
Kanton Zürich: Felix
Gutzwiller SR FDP
Die Informationen zu allen weiteren NR oder
SR, erhalten Sie hier.
Ignatio Cassis hat vor kurzem den FMH-Vorstand verlassen, nachdem
die Urabstimmung die Ablehnung von Managed Care ergeben hat. Diese Reaktion auf das Resultat scheint
mir nicht gerade von demokratischem Tiefgang zu zeugen. Eigentlich müsste sich
Herr Cassis eingestehen, dass eine
Mitgliederbefragung längst überfällig gewesen wäre und dass sich der
FMH-Vorstand selbstgefällig weit von der Basis entfernt hat.
Am 23.11.11. veröffentlicht Santésuisse ein Communiqué mit folgendem Titel
:" Schweizer
Margen bei Medikamenten sind 300 Mio. Franken zu hoch". Im Header heisst es: "Eine santésuisse-Studie zeigt, dass die
Schweizer Margen bei Medikamenten im Schnitt einen Viertel höher sind als in
Referenzländern Europas. Verschreibungspflichtige Medikamente belasteten im
Jahr 2010 die Prämienzahler in der Grundversicherung mit rund 4,8 Mrd.
Schweizer Franken. Davon flossen 1,3 Mrd. Schweizer Franken als Marge an den
Handel. Die Krankenversicherer fordern, dass die Schweizer Margen auf das
europäische Niveau gesenkt werden. Das Sparpotenzial beträgt 300 Mio. Schweizer
Franken zugunsten der Prämienzahler."
Natürlich erscheint die Mitteilung prompt in
allen Medien. Da muss man die Journalisten nicht zweimal bitten. Ich habe aber
keinen einzigen Hintergrundbericht zum Problem finden können. Für mich stellt
sich doch die Frage, warum in diesem Zusammenhang nicht die Senkung der Löhne
bei den Angestellten in Arztpraxen und Apotheken auf das europäische Niveau
diskutiert wird.
Genau so gut könnte man auch die Senkung der
Mietzinse auf europäisches Niveau fordern. Das wäre über die Senkung der
Baukosten auf europäisches Niveau überhaupt kein Problem. Man müsste dazu
lediglich die aufwendigen Kontrollen abschaffen, ob ausländische Arbeitnehmer
wirklich zu schweizerischen Tarifen entlöhnt werden. Doch da gäbe es natürlich
einen Aufschrei der Gewerkschaften…
Noch nie etwas davon gehört? In der SÄZ
auf Seite 1485 erfahren Sie es genau!
Der Ideenreichtum des BAG der Oeffentlichkeit Aktivismus vorzugaukeln kennt keine
Grenzen. Dabei ist es auch völlig egal, ob durch den ausgelösten
administrativen Mehraufwand die Gesamtkosten möglicherweise sogar steigen.
Diese Mehrkosten kann man ja den Aerzten anlasten oder schlimmstenfalls durch
eine Nichtanpassung der Taxpunktwerte an die Teuerung kompensieren.
Früher mussten wir zweimal im Jahr die
Medikamentenpreise anpassen, jetzt schon alle zwei Wochen und zudem dürfen wir
noch für die Updatedaten bezahlen. Mit dem differenzierten Selbstbehalt wird
nun ein solches Durcheinander einführt, das nicht einmal mehr mit dem PC
vernünftig zu bewältigen ist.
Wenn wir den
Medikamentenpreisupdate nicht rechtzeitig durchführen, senden die KK
Mitteilungen an die Patienten, wir würden die Medikamente zu teuer verkaufen.
Nun kommen wohl noch Mitteilungen dazu, dass wir nicht die preisgünstigsten
Medikamente verkaufen. Wie man das den Patienten erklärt, die möglicherweise jahrelang
genau ein solches Medikamente erhalten haben, weiss ich nicht, ebenso wenig wie
man bei diesen Vorgaben ein Lager führen soll.
Das BAG hat im April 2011 einen
telefonischen Dolmetscherdienst in 12 Sprachen eingerichtet. Das ist im
Zeitalter der Migration sicher eine gute Sache. Allerdings kostet der Dienst
sage und schreibe 4.-/Min! Unser TPW erlaubt uns, knapp 3.-/Min in Rechnung zu
stellen. Den letzten Franken bezahlen wir natürlich gerne selber, wir sind ja
auch schuld daran, dass wir nicht alle Sprachen der Welt beherrschen.
Für alle diejenigen, die nicht genügend
sozial eingestellt sind und nicht dafür bezahlen wollen dass sie arbeiten
dürfen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt den Patienten von seinem
Handy aus anrufen (meist bezahlt dann das Sozialamt die Taxen), oder man
verständigt sich weiterhin wie in solchen Fällen üblich mit Händen und Füssen.
Auf jeden Fall zeigt das BAG mit diesem
Vorgehen einmal mehr exemplarisch, welche Wertschätzung gegenüber den Aerzten
in ihrem Amt herrscht. Oder kennen die BAG-Verantwortlichen schlicht die Minutage der Aerzteschaft
nicht???