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Bulletin Nr. 68

dies ist der Auszug

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Seit dem letzten Bulletin ist schon recht viel Zeit verflossen. Das liegt daran, dass wir mit unserem ersten Puure-Huus-Podiumsdiskussion Neuland betreten! Nehmen auch Sie an der Veranstaltung mit Opinion Leaders verschiedener politischen Couleurs teil, die Sie sonst nur in den Medien zu Gesicht bekommen!

 

Puure-Huus-Podiumsdiskussion

Am Dienstag 22.10.13 ab 18h15 im Restaurant Doktorhaus in Wallisellen.

Der ambulante Privattarif: Fiktion, Notwendigkeit, Tatsache?
Die Einheitskasse: Wird unser Gesundheitssystem zu Tode vereinheitlicht?

Unser Mitglied und Vizepräsident der AGZ Sepp Widler diskutiert mit Prof Thomas Szucs (Verwaltungsratspräsident Helsana), Dr. Michael Willer (Leiter Leistungsmanagement Privatkunden Helsana), Dr. Willy Oggier (Gesundheitsökonom), Politikern und und Exponenten der Aerzteschaft. Wir werden genug Zeit für die Plenumsdiskussion einplanen. Die Veranstaltung liegt ca 1 km vom Glattzentrum und der Autobahn St.Gallen-Bern entfernt. Es stehen genügend Parkplätze in 200m Distanz zur Verfügung. Nach dem Anlass sind Sie herzlich zum weiteren Meinungsaustausch bei einem Apéro riche eingeladen.

 

Operation Einheitskasse: Was liegt in unserem Interesse?

Nach dem letzten Bulletin haben wir folgenden Leserbrief erhalten. Wir sind sicher, dass sich viele Leser bei der Frage nach der Einheitskasse in einem inneren Dilemma befinden, das sich am besten mit dem Zitat aus Faust 1 „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“ umschreiben lässt.

Leserbrief
Sehr geehrter Herr Kollege,
Sie streifen zwar jeweils aktuelle Brennpunkte, ihre Stellungnahmen sind aber jeweils stark bürgerlich gefärbt. Ich möchte die Ärzteschaft nicht einfach als FDP- oder bürgerlichen Appendix verstanden wissen. Mit keinem Wort erwähnen sie die Vorteile der Einheitskasse, wo viele kostendämpfende Synergien frei würden. Wo bitte ist im Bereich Grundversicherung im aktuellen System bei den Versicherern der Wettbewerb? Wie viele Kosten verursachen die Versicherer im Gesundheitswesen? (Merke: der Prämienzahler bezahlt nicht nur den Arzt sondern auch die Versicherer). Man sollte doch das Pro und Contra erwähnen. Ich fände es schade (und ungerecht allen zahlenden Ärzten gegenüber), wenn ihre “kritische” Homepage einfach nur ein bürgerliches Sprachrohr wäre.

Mit freundlichen kollegialen Grüssen

Antwort des Puure-Huus
Sehr geehrter Herr Kollege,
Bei Ihrem Einwand, wir würden die Vorteile der Einheitskasse nicht erwähnen, vermischen Sie zwei Aspekte: Der eine ist die Sicht als Staatsbürger, da soll man alle Aspekte in Betracht ziehen (wobei ich sehr bezweifle, dass die Einheitskasse einen kostendämpfenden Aspekt hätte) der andere sind unsere ureigenen standespolitischen Interessen. Wenn Sie aus Staatsraison für die Einheitskasse sind, dann dürfen Sie sich aber nicht über die nachteiligen Auswirkungen beklagen, die Sie bei der Arbeit haben werden. Oder Sie stellen Ihre eigenen Interessen in den Vordergrund und lehnen die Einheitskasse ab.
Wir sind nicht ein bürgerliches Sprachrohr, sondern verteidigen unsere standespolitischen Interessen. Diese Interessen entsprechen eher einer bürgerlichen Politik. Wenn Sie Sozialpolitik betreiben wollen, so fühlen Sie sich wahrscheinlich besser durch das linke Lager vertreten. Im Moment haben wir den Eindruck, dass einige der Probleme im Gesundheitswesen (wie zB der Hausärztemangel) durch eine überbordende Sozialpolitik (mit-)verursacht sind.
Mit freundlichen Grüssen

Auch vereinzelte Medien haben begriffen, dass die Einheitskasse nichts bringt, die SP ringt noch mit der harten Tatsache. Wollen wir tatsächlich auf dem gesundheitspolitischen Feld weitere Uebungen vornehmen, von denen wir weder Wirkung noch Nebenwirkungen kennen?

 

Wir begrüssen den Kt Schaffhausen als 15. DMA-Kanton!

Am 25.11.12 haben die Stimmbürger in Schaffhausen mit über 70% der Stimmen die direkte Medikamentenabgabe (DMA) in allen Gemeinden eingeführt. Herzliche Gratulation zu diesem bemerkenswerten Erfolg! Die Uebergangsfrist beträgt zwar 5 Jahre, aber ab dem 1.1.2018 werden auch die Aerzte in Schaffhausen und Neuhausen Medikamente abgeben dürfen. Was die Apotheker zur herben Niederlage sagen, erfahren Sie im Pharmajournal 7. Mit welchem Geschütz Herr Philbet, Chefredaktor der Apothekerzeitung auffährt lesen sie hier. Ich denke die Wortwahl und die Gedankengänge werden jeden noch zweifelnden Arzt erkennen lassen, dass es den Apothekern nicht um Leistung oder Dienst am Kunden geht.

 

Der Kanton Aargau in der heissen Phase des Abstimmungskampfes!

Bereits am 22.9.13 werden im Kt. Aargau die Initiative der Aerzte für die DMA und die Gegeninitiative der Apotheker zur Abstimmung gelangen. Die Regierung und der grosse Rat beantragen die Ablehnung beider Initiativen ohne Gegenvorschlag. Die Situation im Kt Aargau ist völlig verschieden vom Kt Schaffhausen: Die Zeit als Aerzte noch Medikamente abgeben durften liegt so weit zurück, dass sich kaum jemand daran erinnert. Folglich kennen die Aargauer die Vorteile der DMA noch gar nicht und lassen sich aktuell gesetzlich zwingen, eine Stunde Weg mit dem ÖV hinzunehmen, um ein Rezept einzulösen! Es ist unglaublich: für viele Aargauer wäre der Weg zu einem Arzt in einem Nachbarkanton mit DMA kürzer, als der Weg um im Kt Aargau Medikamente zu beziehen! Wir hoffen, dass es den Initianten im Kt. Aargau gelingt, das „Feu sacré“ unter den Aerzten zu entzünden, das nötig ist um eine Abstimmung zu gewinnen.Liebe Kollegen im Aargau, Sie nähern sich dem Schlussspurt im Abstimmungskampf. Erfinden Sie das Rad nicht neu! Wir in Zürich haben Erfahrung mit solchen Abstimmungen und unterstützen Sie gerne. Fragen Sie uns! Benutzen Sie auch die untenstehenden Tipps beim Führen des Abstimmungskampfes. Der Hausarzt hat noch immer eine hohe Glaubwürdigkeit. Werfen Sie diese in die Waagschale. Untenstehende Tipps haben sich bei den Abstimmungen in Zürich sehr bewährt. Scheuen Sie sich nicht, diese umzusetzen! Die Reaktion der Patienten ist erfahrungsgemäss praktisch ausschliesslich positiv! Und vergessen Sie nicht: Die Medikamente sind beim Arzt billiger! Der LOA sei Dank!

Checkliste
  • Informieren Sie sich über die laufenden und geplanten Aktionen bei beim Abstimmungskommittee und im Internet.
  • Informieren und motivieren Sie Kolleginnen und Kollegen in der eigenen Region / Gemeinde / Quartier. Das Gewinnen einer Abstimmung ist ein Team-Work!
  • Stellen Sie Plakate in den Ortschaften auf (Ortseinfahrt und Ortsausfahrt; Bewilligung bei der Gemeinde und beim Grundeigentümer einholen!)
  • Hängen Sie die offiziellen Plakate zur Abstimmung auf. Diese sollen an prominenter Stelle in der Praxis gut sichtbar sein!
  • Geben Sie das offizielle Informationsmaterial an die Patienten ab (zB: als Beilage zu den Rechnungen!)
  • Legen Sie das Informationsmaterial im Wartezimmer auf und entfernen Sie die Trivialliteratur!
  • Suchen Sie das persönliche Gespräch mit den Patienten!
  • Animieren Sie regionale Gesundheitsorganisationen (z.B. Spitex, Physiotherapien) zum Aufhängen von Werbematerial.
  • Schreiben Sie Leserbriefe an alle Redaktionen in der Region sowie an die grossen Zeitungen

Informationsmaterial

Wir sind am nächsten bei den Patienten und den Stimmbürgern, seriöse Mitteilungen bei den Rechnungen werden gelesen und geschätzt. Zögern Sie nicht einen persönlichen Brief mit Ihrem Briefkopf und eventuell Ihrem Bild bei der nächsten Rechnung beizulegen. Dieses Vorgehen ist billig und ausserordentlich effektiv!

Vorlagen und Ideenspender

Die Puure-Huus Gruppe hat zwischen Mai 2008 und Nov 2008 insgesamt sechsmal über den Abstimmungskampf berichtet und konkrete Tipps mit Vorlagen und Flyer gegeben. Schauen Sie sich unter http://www.puure-huus.ch/text/archiv.html unseren Abstimmungskampf an und verwenden Sie daraus was Ihnen hilfreich erscheint!

Nur ein aktiver und persönlich geführter Abstimmungskampf wird zum gewünschten Erfolg führen. Lassen Sie sich von Verwirrungstaktiken und Schlammschlachten der Gegner nicht beirren: wir kämpfen gegen niemanden, wir setzten uns aber für die Wahlfreiheit des mündigen Bürgers ein! Wer kann da etwas dagegen sagen?!

 

Totengesang auf das Arneimittelkompendium –
Umgebracht vom Bundesverwaltungsgericht, beerdigt von Novartis, Roche und Sandoz!

Seit dem 1.5.2012 dürfen auch Aerzte in Zürich und Winterthur uneingeschränkt Medikamente abgeben. Von ca 1500 möglichen Praxen haben bisher ca 700 einen Antrag auf Selbstdispensation gestellt. Von diesen 700 Anträgen sind ca 500 bereits umgesetzt. Was geschieht aktuell bei den Apotheken? Müssen sie wirklich reihenweise schliessen, wie der Apothekerverband prophezeit hat? Nichts von den düsteren Prognosen ist eingetreten. Keine einzige Apotheke musste schliessen, wir wissen sogar von einer Apotheke, die in Zürich neu eröffnet hat! Es ist daher auch nicht überraschend, dass die Apotheker in Totenstille verharren – was hätten Sie auch zu sagen?!

 

Die DMA im Kanton Zürich: aktueller Stand

Brauchen Sie auch täglich das Arzneimittelkompendium? Können Sie sich auch kein anderes Nachschlagewerk vorstellen? Sie werden sich bald umgewöhnen müssen. Nicht, dass wir ein besseres, umfassenderes und einfacheres Nachschlagewerk erhalten würden. Wir dürfen einfach die Suppe auslöffeln, die uns das Bundesverwaltungsgerichtgericht eingebrockt hat. Dieses hat am 17.6.2011 entschieden, dass Swissmedic die Pharmaunternehmen nicht dazu verpflichten kann, auf eigene Kosten die Informationen im Kompendium zu veröffentlichen. Folgerichtig haben die Oekonomen der Basler Pharmaunternehmen Novartis, Roche und Sandoz eine Sparmöglichkeit erkannt und keine Veröffentlichungen ihrer Präparate im Kompendium 2013 mehr vorgenommen. Kosteneinsparungen für die Firmen je ca 1 Mio Franken (irgendwie muss man ja die Abgangsentschädigung von 72 Millionen von Herrn Vasella finanzieren…). Als Ersatz sollen wir in Zukunft unsere Informationen auf den Internetseiten www.compendium.ch, www.oddb.org, www.just-medical.ch oder www.swissmedicinfo.ch zusammensuchen.

Wir können nun wieder die Faust im Sack machen und auf die Pharma schimpfen. Hilft das? NEIN! Wir haben einen besseren Vorschlag: Benutzen Sie beiliegenden Musterbrief und teilen Sie den Firmen mit, dass Sie die Aussendienstvertreter nicht mehr empfangen und die Präparate möglichst durch Präparate anderer Firmen ersetzten werden. Lassen Sie sich nicht durch das Wehklagen des Aussendienstes beeindrucken. Wir schauen für uns selber und unsere Interessen. Die Interessen der Vertreter sollen diese selber wahrnehmen! Ich bin sicher, dass bereits eine handvoll Formulare und ein paar abgesagte Vertretertermine mehr Druck erzeugen wird, als es unsere Standesvertreter mit dem Editorial in der SAEZ 7 geschafft haben!

 

Hausarztinitiative und Masterplan

Mit viel Elan hat BR Berset im Dezember 2011 seine neue Arbeit im EDI angepackt. Mit unkonventionellen Methoden versuchte er festgefahrene Dossiers frei zu kriegen. Der von ihm ausgerufene Masterplan zur Besserstellung der Grundversorger war eine seiner Ideen. Wie immer verläuft in Bern aber kaum etwas nach dem Plan eines einzelnen. Die Fronten haben sich zwar kurzfristig aufgelockert, aber nur um sogleich neue zu bilden. Die Luft ist bei verschiedenen Projekten draussen, so auch beim Masterplan. Die letzte Sitzung vom 27.3.13 hat keine Resultate erbracht. Es war eine Auslegeordnung der aktuellen Arbeiten, die noch nicht abgeschlossen sind. Man hat einzig beschlossen, sich im Mai wieder zu treffen. Vor allem klemmt es (wen wundert’s) bei der besseren Entgeltung der hausärztlichen Tätigkeit.

Bezüglich des Gegenvorschlages befinden wir uns derzeit in der parlamentarischen Phase, die in Verzug und ebenenfalls noch nicht abgeschlossen ist. Momentan steht die Differenzbereinigung zwischen National- und Ständerat an. Das wird voraussichtlich in der Sommersession passieren. Genauere Informationen erhalten Sie auf www.jzh.ch. Da der Text des Gegenvorschlages noch nicht feststeht, kann auch noch nicht über einen allfälligen Rückzug der Initiative nachgedacht werden. Das Abstimmungsdatum ist ebenfalls noch nicht festgelegt, möglich wäre aber ein Termin in der ersten Hälfte 2014.

 

Hausarztmedizin – ein attraktiver Beruf mit Zukunft (Tagung am 16. Mai 2013 in Bern)

Am 16. Mai 2013 findet in Bern auf Anregung des Bundesamts für Gesundheit eine nationale Tagung zum Thema «Hausarztmedizin – ein attraktiver Beruf mit Zukunft» statt. Diese spricht alle Beteiligten an, die Rolle des künftigen modernen Hausarztes zu formulieren: BAG, Gesundheitsdirektorenkonferenz, Hausärzte, Politiker, Pflege, Spitex und Patientenorganisationen, Gemeinden und Städte. Genauere Informationen erhalten Sie auf www.jzh.ch.

 

Buchführung betreffend psychotrope Substanzen und Retouren von Betäubungsmitteln

Am 1.1.13 ist still und leise eine neue Betäubungsmittelkontrollverordnung in Kraft getreten. Wie immer wird mit ständig steigendem Aufwand einer Pseudoqualität gehuldigt. Gewisse Politiker(-innen) vor allem aus dem links-grünen Lager verwirklichen zunehmend ihre Lebensanschauung auf diesem Gebiet. Neu muss nun auch über die Benzodiazepine Buch geführt werden. Natürlich ohne zusätzliche Entschädigung für den Leerlauf. Die Folge ist wohl, dass wir alle Lieferscheine nun 10 Jahre aufbewahren müssen, das wird bei mir ca 20 Bundesordner Papier umfassen! Pikant und völlig unverständlich ist die Tatsache, dass viele Benzodiazepine in der Liste „B“ aufgeführt sind (Co-Amoxicillin ist Liste „A“). Und nun wird um Medikamente der Liste „B“ dieses Theater gemacht. Der Vergleich mit dem Tanz ums goldene Kalb drängt sich wohl auf…

Die gleichen Kreise wollen auch, dass Hausärzte kein Ritalin mehr abgeben dürfen. Mein Vorschlag ist ganz einfach: Diese Politiker sollen eine Woche lang rund um die Uhr ein hyperaktives Kind ohne Ritalin betreuen. Diese Massnahme würde die Eltern entlasten und die Politiker weiter bilden – zwei sehr sinnvolle Effekte. Ich würde mich gratis zur Verfügung stellen eine Statistik zu machen, wie viele der Politiker die Woche durchhalten, keinen erhöhten Adrenalinspiegel haben und nicht handgreiflich werden…!

Natürlich gibt es in der neuen Betäubungsmittelverordnung noch weitere Aenderungen. Bisher hat mein Grossist die Betäubungsmittelretouren zurückgenommen, den entsprechenden Zettel an die Swissmedic ausgefüllt und mir eine Kopie der Retoure zukommen lassen. Das geht nun nicht mehr. Jeder von uns muss nun kantonal verschieden – versteht sich – die Retouren selber bearbeiten. Im Kt Zürich lädt man den Lieferschein für Betäubungsmittelentsorgung von der Homepage der Heilmittelkontrolle herunter und sendet die ausgefüllte Liste zusammen mit den Medikamenten in einem eingeschriebenen Paket direkt an die Heilmittelkontrolle. Anschliessend erhält man eine Quittung.

Ich bin sicher die Statistik wird zeigen, dass ab dem 1.1.13 viel weniger Betäubungsmittelabfälle entstehen. Die Politiker werden sich darüber freuen, dass mit den Betäubungsmitteln nun viel sorgfältiger umgegangen wird. Ob die Resten neu im Haushaltmüll landen, kann ja niemand kontrollieren…!

 

Redaktion Bulletin Nr. 68

girr_andreasDr. med. Andreas Girr
Allgemeine Medizin FMH
Waldstr. 18
8132 Egg (ZH)

Tel. 044 984 01 11
Fax 044 984 27 51

Email: andreas.girr@puure-huus.ch

Puure-Huus Gruppe: Andreas Girr, Martin Jost, Martin Schneider, Bernhard Sorg, Josef Widler

 

Motto des Tages

Für einen Politiker ist es gefährlich, die Wahrheit zu sagen.

Die Leute könnten sich daran gewöhnen, die Wahrheit hören zu wollen.

George Bernard Shaw